Mein Kind hat die U2 und alles Wichtige für die ersten Tage nach der Geburt

Hier finden Sie alles Wichtige für Eltern zum Thema …
Überwachung
Vorsorgeuntersuchung
… Neugeborenen. Hör- und Pulsoxymetriescreening
… auf was Sie auf der Wöchnerinnenstation in den ersten Tagen nach Geburt achten sollten
… und viele weitere wichtige Informationen zum „U2 und alles Wichtige für die Zeit nach der Geburt“ zusammengefasst.

Was ist denn so besonders?

Die ersten Minuten, Stunden und Tage nach Geburt sind sowohl für das Neugeborene als auch für die Eltern eine besondere Zeit, die von vielen Neuanpassungen und Erfahrungen geprägt ist. Für die Mutter geht eine anstrengende Phase (mit dicken Beinen und dickem Bauch) direkt über in eine Phase voll mit noch mehr Anstrengung und meist auch reichlich Schmerz. Erfreulicherweise handelt es sich aber dabei häufig nur um wenige Stunden. Wenn das Kind nun geboren ist, ist die körperliche Belastung zwar meist weniger, dafür aber die Erschöpfung umso größer. Und ausgerechnet jetzt braucht das Neugeborene am meisten Betreuung und Überwachung.

Warum ist die Zeit direkt nach Geburt denn so wichtig für das Kind?

Mit der Geburt kommt es für das Kind zu einem der einschneidendsten Erlebnisse seines ganzen Lebens. Es wird von der Vollversorgung der Mutter über die Nabelschnur abgekoppelt und muss nun seinen ganzen Stoffwechsel und seine ganze Versorgung mit Nährstoffen selbst regeln.

Am allerwichtigsten, da hier die Reserven am geringsten sind, ist die Umstellung auf einen eigenen Kreislauf. Entscheidend hierfür ist die eigene Atmung des Kindes. Nur wenn das Kind selbst und ausreichend atmet, kann das Blut auch ausreichend weiter mit Sauerstoff versorgt werden. Deshalb ist direkt nach Geburt ein kräftiges und anhaltendes Schreien das Beste, was das Kind zur Belüftung der Lungen tun kann. Da nun die Versorgung mit Nahrung nicht mehr über die Nabelschnur vorhanden ist, muss das Kind die Energiestoffe selbst aufnehmen. Die Energiereserven, mit denen die Kinder ausgestattet sind, sind aber erfreulicherweise größer als die Sauerstoffreserven. Ein besonderes Fettgewebe sorgt in den ersten Tagen für Energiezufuhr … solange bis die Mutter genug Milch bieten kann. Unerschöpflich sind aber auch diese Reserven nicht. Deshalb ist es wichtig, dass sie nicht durch unnötigen Energieverbrauch vorzeitig verbraucht werden. Ein erhöhter Verbrauch entsteht u.a. durch angestrengte Atmung, zu niedrige Körpertemperatur oder Frieren.

Deshalb wird im Kreißsaal, der Wöchnerinnen-Station oder auch durch die Hebamme zuhause in den ersten Minuten nach Geburt ein besonderes Augenmerk auf die Atmung, die Körpertemperatur und auch den Blutzucker gelegt.

Was sind denn Warnsymptome?

Ursachen für eine Anpassungsstörung oder ein anderes Problem (wie eine Infektion oder eine vor Geburt nicht bekannte Organfehlbildung) gibt es einige. Leider sind die Symptome, mit denen die Neugeborenen auffällig werden, wenig spezifisch für das auslösende Problem. Zu den Symptomen gehören:

  • angestrengte Atmung (Knorksen, Nasenflügeln, Stöhnen, Hauteinziehungen)
  • Blasse, blaue oder gelbe Hautfarbe
  • Schlechte Hautdurchblutung (die sogenannte Rekapillarisierungszeit. Das ist die Zeit, bis sich die Haut von Weiß wieder zu Rot färbt, nachdem man mit dem Finger darauf gedrückt hat. 2-3 Sekunden ist normal, 4-5 Sekunden zu lang)
  • Schrilles Schreien
  • Apathie (also keine Reaktion bei Berührungen)
  • Übermäßige Schreckhaftigkeit auf Berührungen
  • Schlechtes Trinkverhalten

Geben Sie deshalb bei schon in der Schwangerschaft bestehenden Problemen wie einer Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie/Gestose), einem (Schwangerschafts-)Diabetes oder einem positiven B-Streptokokken-Befund unbedingt den Hebammen und Frauenärzten Bescheid.

Was ist denn die optimale Ernährung für das Neugeborene?

Die unbestritten beste Nahrung ist aus vielfachen Gründen die Muttermilch durch Stillen (Nährstoffgehalt und -zusammensetzung, Unterstützung des kindlichen Immunsystems, Mutter-Kind-Bindung, geringeres SIDS-Risiko, …). Die Milchproduktion braucht einige Zeit, bis sie richtig in Gang kommt. Dies ist von Frau zu Frau etwas unterschiedlich. Allerdings bestimmt meist die Nachfrage das Angebot. Es ist also sehr wichtig, dass die Kinder regelmäßig an die Brust gelegt werden. Hierdurch wird der Milcheinschuss gefördert. Die bis dahin abgegebene Vormilch (das Kolostrum) ist allerdings ebenfalls sehr wichtig und bietet immunologische Unterstützung für das Neugeborene und hilft bei der Darmflora-Ausbildung.

Durch die erst über einige Tage hinweg einsetzende Milchproduktion, muss das Neugeborene von seinen eigenen Reserven zehren. Allerdings verliert es nach den 9 Monaten warmer Badewanne jetzt erstmal Flüssigkeit und damit an Gewicht. Der kritische Punkt an Gewichtsverlust liegt bei ca. 10% des Geburtsgewichtes. Eine gewisse Abhängigkeit von der aktuellen Jahreszeit muss hierbei aber in Betracht gezogen werden. Sollte der Gewichtsverlust zu groß werden, besteht die Gefahr einer Austrocknung, Unterzuckerung und Übersäuerung. Eine regelrechte Abwärtsspirale kann dadurch entstehen, in deren Verlauf das Kind in kinderärztliche Betreuung muss oder sogar Schaden nehmen kann. Hellhörig werden die Hebammen, Schwestern und Ärzte bereits bei 7% Gewichtsverlust. Neben dem zu großen Gewichtsverlust ist auch die zu zögerliche Gewichtszunahme immer engmaschig zu beobachten. Um die Abwärtsspirale zu verhindern, kann durch Optimierung des Stillmanagements, eine häufiges und v.a. regelmäßiges Anlegen an die Brust, das Abpumpen von Muttermilch und Verfüttern über die Flasche oder sogar das komplette Zufüttern von Pulvermilch (sogenannter Formula-Nahrung) das Problem häufig in den Griff gebracht werden.

Wie kann man denn noch überprüfen, ob die Entwicklung des Babys normal verläuft?

Dafür gibt es die Vorsorgeuntersuchungen. In festen Abständen werden die Kinder in den ersten 6 Lebensjahren durch die Kinderärzte betreut, um die regelrechte Entwicklung zu überprüfen und, wenn nötig, Fördermaßnahmen oder weitere Abklärung zu initiieren. Die kürzesten Abstände zwischen den Vorsorgeuntersuchungen (auch „U‘s“ genannt) und damit die größte Anzahl an Vorsorgen pro Jahr, gibt es im ersten Lebensjahr.

Die U1 findet direkt nach Geburt statt und beinhaltet die Überprüfung der Anpassung des Kindes und die Umstellung auf einen eigenen Kreislauf.

Die U2 findet vom 3. bis 10. Lebenstag statt. Hierbei werden erneut die Körpermaße erhoben und überprüft, inwieweit die weitere Anpassung der Babys verläuft. Besonderes Augenmaß wird in der körperlichen Untersuchung auf die Neugeborenenreflexe und angeborene Fehlbildungen gelegt. Weitere Inhalte der U2 sind:

  • das Pulsoxymetrie-Screening. Hierbei wird über einen kleinen Lichtsensor die Sauerstoffsättigung des Neugeborenen am Bein gemessen. Damit lassen sich ziemlich zuverlässig einige schwerwiegende Herzfehler ausschließen, wenn die Sättigung über 96% beträgt.
  • Der Hüftultraschall. Eigentlich ist diese Untersuchung zum Ausschluss einer Hüftreifungsstörung (und damit einer frühzeitigen Störung des Hüftgelenkes) erst bei der U3 vorgesehen. Sollten Sie aber in der Familie bereits Hüfterkrankungen im Kindesalter gehabt haben, sollten sie nur wenig Fruchtwasser gehabt haben oder das Baby im Bauch in Beckenendlage gelegen haben, dann sollte nach Möglichkeit in den ersten 2 Lebenswochen ein früher Hüftultraschall erfolgen.
  • Der Guthrie-Test (auch Fersenbluttest oder Stoffwechsel-Screening genannt) wird für alle Kinder zum frühen Erkennen von einigen schweren Stoffwechselerkrankungen und seit einigen Jahren auch Mukoviszidose angeboten. Hierbei werden einige wenige Tropfen Blut (meist aus der Ferse) auf eine Trockenblutkarte getropft und so in einem speziellen Labor untersucht. Sollten Sie nichts vom Ergebnis der Untersuchung hören, dann ist alles in Ordnung.
  • Das Hörscreening wird zum frühzeitigen Erkennen von Hörschäden durchgeführt. Hierbei kann mit einem kleinen Ohrstöpsel auch beim schlafenden Kind schnell eine Überprüfung des Hörvermögens durchgeführt werden. Sollte dies nicht gelingen, können Sie die Untersuchung auch schnell bei jedem HNO-Arzt durchführen lassen, wenn Sie aus der Klinik entlassen wurden.

All diese angebotenen Screening-Untersuchungen sind kostenfrei und auf freiwilliger Basis!

Warum ist es so wichtig WIE das Baby schlafen soll? 1

Ein schlimmer Umstand, über den im ersten Lebensjahr leider immer noch wenig bekannt ist, ist der plötzliche Säuglingstod, auch Sudden Infant Death Syndrom (SIDS) genannt. Das ist eine Umschreibung für medizinisch nicht erklärbare Todesfälle im ersten Lebensjahr, die mit einer Häufung in den ersten 6 Monaten und nahezu immer im Schlaf auftreten. Über die Ursache gibt es viele Theorien, sicher ist aber nur Weniges. Durch die von den Kinderärzten flächendeckend ausgesprochenen Schlafempfehlungen ist aber seit deren Einführung das Auftreten der SIDS-Fälle wesentlich seltener geworden. Diese Empfehlungen besagen:

  • Das Kind soll im eigenen Bett schlafen, egal ob es ein Stubenwagen oder ein Beistellbett ist. Also kein Schlafen des Kindes im „Gräbele“ zwischen beiden Elternteilen.
  • Das Kinderbett soll aber im Elternschlafzimmer stehen.
  • Das Kind soll keine Decke, keine Kissen, keine Kuscheltiere oder ähnliches im Bett haben, sondern lediglich mit einem der Größe des Kindes angemessenen Schlafsack schlafen.
  • Das Baby soll lediglich eine Matratze im Bett haben. Kein Fell oder ähnliches als Schlafauflage und auch kein Nestchen.
  • Das Kind soll auf dem Rücken schlafen. Nicht auf dem Bauch, nicht auf der Seite. Wenn es sich selbständig drehen kann, dann darf es schlafen, wie es will.
  • Die beste Temperatur im Schlafzimmer liegt bei 16-18 Grad. Ziehen Sie Ihr Kind nicht zu warm an. Fühlen Sie im Nacken, um dies zu überprüfen. Ziehen Sie den Kindern auch keine Mützen während dem Schlafen auf.

Nur wenige Dinge sind mit Sicherheit bekannt und auch durch Studien belegt:

  • Rauchen erhöht das Risiko für das Auftreten von SIDS deutlich. Dazu zählt natürlich nicht nur das Rauchen in der Wohnung selbst sondern auch die Kleidung von Rauchern und die Umgebungsluft.
  • Pucken (also festes Einwickeln der Kinder) ist nachts nicht empfohlen.
  • Stillen und der Schnuller nachts (wenn das Baby ihn denn nimmt…) vermindern das Risiko eines plötzlichen Säuglingstod.

Wie kann man die Entwicklung des Kindes noch unterstützen?

Zu keinem Zeitpunkt im Leben wachsen Menschen schneller und bewegen sich gleichzeitig so wenig wie im ersten Lebensjahr. Bei größeren Kindern und Erwachsenen trägt der Muskelzug am Knochen im Rahmen von Bewegung mit Kraftanstrengung viel zur Knochenstabilität bei.  Da dies bei Neugeborenen und Säuglingen noch nicht so ausgeprägt der Fall ist, sollten Kinder im ersten Lebensjahr einmal am Tag eine Vitamin D-Tablette mit 500 iE (in Verbindung mit Fluorid zur Kariesprophylaxe) zu sich nehmen, um den Calcium- und Phosphat-Knochenstoffwechsel optimal zu unterstützen. Wenn die Kinder in den Wintermonaten geboren werden, lohnt sich die Fortführung der Gabe bis in die Frühjahrsmonate auch über das erste Lebensjahr hinaus.

Einen großen Erfolg zur Verhinderung schwerer Hirnblutungen bei Neugeborenen, brachte die routinemäßige Vitamin K-Gabe bei U1, U2 und U3. Dieser Zyklus ist auch wesentlich wirksamer, als die tägliche Gabe einer niedrigeren Dosis für 3 Monate. Für die Bildung bestimmter Gerinnungsfaktoren benötigt die Leber Vitamin K. Da die Enzyme der Leber nach Geburt einige Zeit brauchen um ihre Tätigkeit vollständig aufzunehmen, lässt sich mit 2mg Vitamin K als Tropfen sehr effektiv die Gefahr von Hirnblutungen vermindern. Entgegen hartnäckiger Gerüchte ließ sich nie ein Zusammenhang zwischen Vitamin K und Krebserkrankungen bei Kindern nachweisen! 2

Was brauchen Sie noch für zuhause?

Wenn Sie nun die erste Gewöhnungszeit hinter sich haben, dann steht der lang ersehnte Moment endlich an: Sie gehen als Familie nach Hause.

Damit Sie gut in Ihre Zeit zuhause starten können, brauchen Sie eigentlich nicht viel. Sie brauchen:

  • einen Kinderwagen und/oder einen Baby Safe für den Transport im Auto.
  • ein Bett für das Kind
  • ein Schlafsack
  • ein paar Windeln
  • einige Bodys und Strampler, eine Jacke und Mütze
  • und eventuell etwas Formula-Nahrung zum Zufüttern.

Für die weitere Betreuung brauchen Sie nun für die ersten Tag noch eine Hebamme, die sich nicht nur um Hilfestellung und Anleitung im Umgang mit den Kindern, sondern vor allem auch um die Mütter kümmert. Leider sind Hebammen wesentlich schwerer zu finden, als den zweiten Pfeiler: einen Kinderarzt. Achten Sie darauf, dass Sie ein gutes Gefühl in der Praxis und im Gespräch mit Ihrem Arzt haben.

1 AWMF-Leitlinien-Register Nr. 063/002 „Prävention des Plötzlichen Säuglingstods“

2 AWMF-Leitlinien-Register Nr. 024/022 „Prophylaxe von Vitamin-K-Mangel-Blutungen (VKMB) bei Neugeborenen“

Immer gilt:
Ich sammle für Sie den aktuellen Stand vieler medizinischer Aspekte rund um die verschiedensten Kinderkrankheiten und Symptome. Damit können Sie hoffentlich viele Situationen rund um Ihre Kinder besser einschätzen lernen und dadurch Ängste verlieren. Allerdings bleibt über allem stehen: Sollten Sie sich unsicher sein, zögern Sie nicht ihren Arzt aufzusuchen um Symptome direkt fachkundlich beurteilen zu lassen oder Antworten auf drängende Fragen zu bekommen.